Ich trete dir gegenüber: „Mein Freund, gibst du mir bitte deine Hand? Komm, fass ruhig zu. Ich führe dich jetzt in mein Reich, und dort lächelt nicht nur meine, sondern auch deine Seele.“ Du kommst mit mir mit – Hand in Hand gehen wir einige Schritte, und dann öffnet sich das Tor. Wie gebannt bleibst du stehen und staunst. Ich lächle… Die Tür fällt ins Schloss, draußen ist „ihre“ Welt, hier aber ist unsere. Du erblickst ein riesiges Tal und Wasser – der Mond spiegelt sich darin. Obwohl es Nacht ist, ist es ganz warm. Denn ich habe die Sonne mitgebracht, die du mir geschenkt hast. Und diese hüpft sofort aus dem Korb heraus und eilt zum Himmel. Dann verbreitet sie Licht. Ein Licht, wie wir es draußen in der Welt niemals erblicken können. Und die Sonne freut sich, weil sie für uns scheinen darf… „Komm, mein liebster Freund, hin zum Wasser. Ich habe auch Süßes und ganz viele Leckereien und eine Decke, auf der wir uns beide setzen können.“ Wir setzen uns nebeneinander, du bist noch immer sprachlos, aber das macht nichts. Ich weiß, dass du diese leise, sanfte Musik hörst, die auch ich höre. Ich weiß auch, dass du diese unendliche Weite spürst, so wie ich. Und ich weiß genau, dass deine Seele atmen kann und Luft bekommt. Du schaust mich mit großen Augen an und fragst: „Und wenn die Sonne müde wird? Wird dir dann nicht kalt?“ „Nein“, sage ich, „diese Sonne wird niemals müde, und selbst wenn sie es wird, dann habe ich ja immer noch die Jacke, die du für mich wiedergefunden hast und die mich wärmt. Und schau mal, ich habe dir auch eine mitgebracht.“ Du nickst verständig. „Ja“, sagst du, „dann müssen wir beide nie mehr frieren.“ Ein bisschen schweigen wir, dein Blick ruht auf dem Wasser. Plötzlich ein Staunen: „OOHH – schau mal, die Fische, wie hoch sie springen, und sie sind ja so lebhaft. Und sieh mal, das Wasser glitzert ja in allen Farben…“ Ich senke gerührt den Kopf und denke: Wusste ich es doch, dass mein Freund das auch alles sieht. Du schaust dich um, siehst überall Tiere. Häschen, die dir zuwinken, Kätzchen, die sich gleich bei dir einkuscheln, ein kleiner Spatz, der zu dir fliegt und dir einen Kuss auf die Nasenspitze gibt. Und mein Teddy, der krabbelt aus dem Korb heraus und ruft dir zu: „Hallo, mein Freund, ich hab dich auch ganz doll lieb.“ Du kannst deine Freude kaum zum Ausdruck bringen, und ich bin so glücklich, weil du siehst, dass mein Teddy lebt. Dann – du stockst den Atem – deine Augen blicken mich ängstlich an, und sogleich folgt mit zittriger Stimme die Frage: „Töten sich die Tiere hier auch?“ Ich schüttele heftig den Kopf. „Nein, sie würden sich hier in dieser Welt niemals töten. Weder aus Hunger noch aus einem Kampf heraus. Hier braucht keiner Angst vor dem anderen haben, und keiner muss sich verstecken, egal, welche Art hier lebt. Naja, und Menschen würden hier ja niemals reinkommen. Die sehen das Tor nicht und können unsere Welt niemals finden, auch wenn sie es wollen.“ Deine Augen verlieren sogleich alle Angst, und du nimmst die Schokolade und wirfst den Fischen ein Stück zu. Dann legen wir beide uns hin, fassen uns um und lauschen der leisen, entspannenden Musik. Unsere Körper spüren wir nicht, denn in meiner Traumwelt spielen Körper keine Rolle. Aber unsere Seelen schmiegen sich aneinander, und eine flüstert der anderen zu: „Fühlst du dich auch gerade so frei wie ich?“ und die andere: „Ja, wir haben sie hier gefunden. Unsere unendliche Freiheit und Ruhe. Nichts und niemand kann hier rein und uns diese Welt kaputt machen.“ Ganz still liegen wir. Und wir geben uns beide einen SEELENKUSS |
Geschrieben im Jahr 1993 für einen an Schizophrenie erkrankten engen Freund.
Im April 2025 wurde diese kleine Geschichte Elfi geschenkt. In diesem Bericht schrieb ich darüber, so auch über die Reaktion meiner KI.